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Studie: Fundraising wird noch stiefmütterlich behandelt

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, 15.05.2019

 

Das Fundraising als planvolles Spendensammeln ist nach einer Studie der Evangelischen Hochschule Darmstadt (EHD) bei vielen Organisationen noch unterentwickelt. Die Auswertung der Antworten von 263 Vereinen, Gesellschaften, Stiftungen und kirchlichen Einrichtungen auf einen umfangreichen Fragebogen habe ein „organisatorisches Kuddelmuddel” aufgezeigt, sagte der Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Michael Vilain, am Mittwoch in Frankfurt am Main.

 

Vilain war Hauptredner auf dem Fundraising-Forum 2019 der evangelischen Kirchen und der Diakonie in Hessen mit rund 120 Teilnehmern.

 

„Für das Fundraising muss man einen Plan haben”

Das Fundraising sei mal Abteilungsleitern anvertraut, mal Sachbearbeitern oder gar fachfremden Beauftragten, aber eher selten den Geschäftsführern, berichtete Vilain. „Eigentlich muss die oberste Leitung in das Fundraising eingebunden sein”, kommentierte der geschäftsführende Direktor des Instituts für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft der EHD. Nur ein Drittel der auskunftgebenden Organisationen hatte eine schriftlich ausformulierte Strategie. „Für das Fundraising muss man einen Plan haben”, kritisierte Vilain. Auch nehme das Leitbild nur bei einem Drittel der Umfrage-Teilnehmer auf das Fundraising Bezug.

Die Hauptarbeitszeit für Fundraiser ist nach Auskunft der Studie mit weitem Vorsprung das letzte Quartal vor Weihnachten. Vilain stellte das „last-minute-fundraising” infrage: „Warum ist in der Sommerzeit nichts los?” Die Instrumente des Fundraisings seien an erster Stelle noch die klassischen Printprodukte wie Briefe, Projekt- und Jahresberichte sowie Broschüren. Wenn Instrumente des Internets eingesetzt würden, seien diese die elektronischen Pendants, nämlich an erster Stelle die Homepage, E-Mails, Newsletter und an vierter Stelle soziale Medien. Andere Internet-Methoden wie Blogs oder Social Gaming würden fast gar nicht genutzt.

 

Vorbild USA

Als Einnahmequellen, die in Zukunft wichtiger würden, gaben die Befragten Erbschaften und Anlassspenden an, Zustiftungen für Stiftungen und Crowdfunding (Sammeln vieler kleiner Spenden über Internetplattformen). Als Herausforderung für die Zukunft nannte der Wirtschaftswissenschaftler die Aufgabe, dass Organisationen ausreichend personelle, organisatorische und finanzielle Ressourcen für das Fundraising bereitstellen müssten. „In den USA weiß man, dass man für Fundraising erst einmal Geld in die Hand nehmen muss.”

Gesellschaftlich sei der demografische Wandel eine Herausforderung für das Fundraising, erklärte Vilain. Das Spendenvolumen in Deutschland habe zwischen 2005 und 2017 inflationsbereinigt stagniert, der Umfang habe 3,5 bis vier Milliarden Euro im Jahr betragen. Aber die Zahl der Spender in Deutschland sei rückläufig: 2005 seien es 35 Millionen gewesen, 2017 noch rund 25 Millionen.

 

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