Vilain, Michael und Meyer, Tobias (2015):
Von wegen „alle gleich“.
In: Couragiert. Magazin für demokratisches Handeln und Zivilcourage. Ausgabe 2/2015. Pirna: Aktion Zivilcourage e.V.
Wie funktioniert das Freiwilligenmanagement in Jugendorganisationen? Sehr unterschiedlich! In einer Untersuchung von 90 Vereinen und Verbänden wurde deutlich, dass bekannte Management-Theorien die Praxis kaum sinnvoll erfassen. Viele Organisationen haben ganz eigene, aber deswegen nicht weniger erfolgreiche Modelle hervorgebracht, die maßgeblich von ihren Zielen und der Art der Entscheidungsfindung bestimmt werden. Im Fachjargon spricht man von Ziel- und Steuerungslogik.
Ein Großteil der Jugendorganisationen hat seine Ziele mittlerweile in einem Leitbild verschriftlicht. Ausgangspunkt ist häufig eine in engem Zusammenhang mit der Gründungsgeschichte stehende Vision. Das ist nicht selten die Realisierung einer bestimmten pädagogischen Überzeugung, die Lösung eines Problems oder die Erreichung eines gesellschaftlichen Ideals. Dabei geht es immer um Werte, Themen und Aufgaben, die jede Jugendorganisation unterschiedlich priorisiert.
Bei einigen Organisationen stehen pragmatische Aufgaben im Mittelpunkt, die durch Werte begleitet und durch bestimmte Themen ergänzt werden. Andere rücken Werte in den Fokus – christliche oder politische Überzeugungen – anhand derer sie Themen definieren und Aufgaben ableiten. Drittens gibt es Jugendorganisationen, die sich vor dem Hintergrund bestimmter Werte konkreten Themen verschrieben haben, beispielsweise Kinderrechte, Klimaschutz oder Antifaschismus. Die Aufgaben leiten sich in dem Fall aus den Erfordernissen der Themen ab.
Noch größer sind die Unterschiede in der Entscheidungsfindung. Steuerungsmechanismen existieren zwar immer, werden aber nicht zwangsläufig bewusst eingesetzt. In der Untersuchung konnten drei Modelle ausgemacht werden: erstens, der dominante Einfluss geht von einer Person oder Gruppe aus; zweitens, Gremien, Regeln und festgelegte Abläufe beeinflussen die Steuerung; drittens, gemeinsame Werte und Ideale bilden eine Entscheidungsgrundlage. Jede Organisation umfasst grundsätzlich alle Dimensionen der Steuerung. Zu Unterschieden kommt es, wenn eine dominiert.
Diese Erkenntnisse stoßen eine neue Tür in der Nonprofit-Management-Forschung auf. Erstmals lassen sich Unterschiede in der Leitung und dem Management verschiedener Jugendorganisationen erklären. Gleichzeitig können sie wertvolle Gestaltungshinweise für das Freiwilligenmanagement liefern oder dabei helfen, passende Instrumente zu identifizieren und zu adaptieren.
Sie erklären aber auch, warum bestimmte Instrumente in einzelnen Organisationen erfolgreich sind, in anderen dagegen nicht. Es wird deutlich, dass sie zur Bewältigung ihrer Ziele jeweils sehr differente Wege einschlagen müssen.